Baufinanzierung: Zu hohe Vorfälligkeitsentschädigungen - Teil 1

Eine Vorfälligkeitsentschädigung fällt an, wenn der Immobilieneigentümer sein Darlehen vorzeitig an den Kreditgeber zurückzahlt. Dies ist rechtens, doch manche Banken tricksen bei der Festlegung der Summe. So können sich Verbraucher dagegen wehren.
Wer sich eine Immobilie anschafft, kann in den ersten Jahren der Laufzeit in eine Situation geraten, die ihn zwingt, die eigenen vier Wände frühzeitig wieder zu veräußern und die noch ausstehende Restschuld mit einem Schlag an die Bank zurückzuzahlen. Sei es die Scheidung, der Arbeitsplatzverlust oder der neue Jobs in einer anderen Stadt – liegt hierin der Grund für den Verkauf der Immobilie, verfügt der Kunde über ein „berechtigtes Interesse“ und muss die Bank der Kündigung des Kreditvertrags zustimmen. Das gleiche gilt auch, wenn der Kunde aussteigen möchte, weil er ein höheres Darlehen benötigt. Lehnt die bisherige Bank den Wunsch nach einer Aufstockung des alten Kredits ab und findet sich ein anderer Anbieter für die Immobilienfinanzierung, kann der Verbraucher den Vertrag vorzeitig beenden. Im Gegenzug dazu darf das Kreditinstitut vom Kreditnehmer eine Entschädigung für die ihr entgangenen Zinszahlungen verlangen. Heranziehen für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung muss die Bank die Rendite für Pfandbriefe – also einen Zinssatz, zu dem sie die wiedererhaltene Summe erneut anlegen und so einen Teil des entgangenen Gewinns ausgleichen könnte. Da die Renditen von Pfandbriefen in der Vergangenheit jedoch immer weiter gefallen sind, steigen die veranschlagten Vorfälligkeitssummen immer mehr an. So fallen heutzutage für gekündigte Kredite mit einer Restschuld von 100.000 Euro durchaus Entschädigungen in Höhe von beispielsweise 15.000 Euro an.
Vorfälligkeitsentschädigungen dürfen Banken grundsätzlich nur verlangen, wenn der Kunde in den ersten zehn Jahr der Kreditlaufzeit aussteigt. Anschließend verfügt der Kreditnehmer über ein ordentliches Kündigungsrecht, welches er, unter Einhaltung der Kündigungsfrist, wahrnehmen kann, ohne der Bank eine Entschädigung leisten zu müssen.
Nicht berücksichtigte Sondertilgungsrechte
Manche Bankhäuser tricksen bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, um die Summe möglichst hoch anzusetzen. So berücksichtigen nicht alle die laut Vertrag gewährten Sondertilgungen. War dem Kreditnehmer beispielsweise per Klausel das Recht eingeräumt worden, jedes Jahr bis fünf Prozent der Kreditsumme als Sondertilgung zurückzuzahlen, muss die Bank so rechnen, als hätte er die Tilgungsmöglichkeiten tatsächlich in vollem Umfang wahrgenommen. Diese Auffassung vertreten zumindest Experten in der Fachliteratur. Für den Kunden bringt das folgenden Vorteil mit sich: Durch die Einbeziehung der Sondertilgungen reduziert sich die Restschuld, auf der die Höhe der Vorfälligkeitssumme basiert. Das Oberlandesgericht Frankfurt hingegen vertritt die Meinung (Az. 16 U 182/99), der Kunde müsse glaubhaft darlegen, dass er zusätzliche Tilgungsrechte tatsächlich genutzt hätte.
Neuberechnung einfordern
Ist sich der Verbraucher nicht sicher, ob die von der Bank ermittelte Vorfälligkeitsentschädigung stimmt, sollte er die Berechnung beispielsweise von einer Verbraucherzentrale überprüfen lassen. Dann gilt es, das Geldhaus aufzufordern, erneut und unter Berücksichtigung aller Tilgungsmöglichkeiten zu rechnen. Häufig reicht dies schon aus, damit das Bankhaus einlenkt. Allerdings: Einige Kreditinstitute schließen per Vertrag aus, dass noch nicht wahrgenommene Sondertilgungsrechte nicht in die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung einfließen müssen. Diese Praxis ist aus Sicht des Verbraucherschutzes nicht rechtens – in diesem Fall, sollte der Kunde der Bank schriftlich mitteilen, dass er die Klausel für unzulässig hält und eine Neuberechnung fordern beziehungsweise den über der maximal möglichen Vorfälligkeitssumme liegenden Betrag zurückfordern.
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